Das innere Visierbild
Es umfasst
Das Visierbild
Das Visierbild umfasst
Die Haltefläche
Die Fläche auf dem Ziel, die das innere Visierbild während des Zielvorganges überstreicht, wird Haltefläche oder auch Halteraum genannt.
Der Anschlag
Damit wird die Lage der Zughand im Gesicht des Schützen zum Ende des Spannvorganges bezeichnet. Üblicherweise benutzt man den Ausdruck "Anker".
Ich vermeide diesen Ausdruck "Anker" weil damit etwas Statisches suggeriert wird, und das ist der Anschlag eben nicht.
Die Waffe schickt ein Geschoß auf die Reise und die Visiereinrichtung dient dazu, der Waffe in Azimuth (Seitenwinkel) und Elevation (Höhenwinkel) die Richtung zu geben, damit das gewünschte Ziel auch getroffen werden kann. Bei Pistole und Gewehr ist die Visiereinrichtung starr mit der Waffe verbunden. Das trifft beim Bogen nicht zu.
Für die Elevation ist der Anschlag im Gesicht des Schützen verantwortlich, und zwar der senkrechte Abstand Auge-Pfeilnock Zusätzlich kommt noch dazu, dass dieser Anschlag ja nicht statisch ist, sondern gleichzeitig eine axiale Bewegung durchgeführt werden muß, um den Auszugsweg zu vergrößern um durch den Klicker zu kommen. Für den Azimuth ist die Lage der Sehne in Relation zum Visierkorn verantwortlich.
Das Visieren erfolgt nur zu Beginn bewußt, wenn der Schütze seine Waffe grob auf das Ziel richtet. Wenn das Visierbild einigermaßen stimmt,
übernimmt das Unbewußte den größten Teil des Einregelns und die Koordination der Bewegungen. Dabei dürfte es Tatsache sein, dass das
Unbewußte (Antizipation) zeitlich weit vor dem Bewußten die erwarteten Lagen des Visierbildes "weiß" und somit den Zeitablauf bestimmt.
Diese Zusammenhänge sind im Artikel "Klicker, der Versuch einer Modellbildung" genauer beschrieben
Und hier ist der Algorithmus des gesamten Schußablaufes dargestellt
Das Visierbild sollte so aussehen:
Bild 1
Es ist Stand des Wissens, dass die Visierung scharf gesehen wird und das Ziel unscharf. Das Gehirn braucht exakte Information über die Lage des inneren Visierbildes in Bezug auf das Ziel, um die entsprechenden Muskelgruppen richtig zu steuern. Näheres geht aus den beiden Artikeln "Der Klicker, Versuch einer Modellbildung" und "Target Panic" hervor.
Im nächsten Bild ist dargestellt, wie im idealen Fall die Bewegung des Visierbildes durch bewußtes und unbewußtes Handeln bei einem sehr guten
Schützen gesteuert wird:
Bild 2
Der scharfe "Knick" beim Einlaufen in die Haltefläche zeigt die letzte "bewußte" Handlung des Schützen. Das Unbewußte steuert dann die Bewegungen so, dass weiche Schleifenkurven durchfahren werden. Der Schütze konzentriert sich auf des Visierbild und das Spannen, das Unbewußte weiß viel genauer (weil es ca eine Sekunde Zeitvorlauf hat) wann der Klicker fällt und somit der Schuß exekutiert wird. Diese Schleifenkurven sind auf den Lehrpostern des Deutschen Schützenbundes sehr gut dargestellt. Bei den Lehrpostern sind es übrigens real gefahrene Kurven, aufwendig durch einen Laser aufgezeichnet.
Das innere Visierbild definierte die Lage des Körpers zum Bogen. Wenn der Anschlag im Gesicht gleich geblieben ist... Die seitliche Lage (Azimut) ist allerdings durch die Sehne im Verhältnis zum Visierkorn fest. Sie kann durch Drehung des Kopfes um die Senkrechte gesteuert werden. Was durch die Visiereinrichtung nicht festliegt, ist die Elevation, die durch den Abstand Pfeilnock-Auge im Endauszug vorgegeben wird. Deshalb ist der solide Anschlag im Gesicht so wichtig. Der hat mit dem Visierbild in erster Näherung nichts zu tun. Der gleichmäßge Anschlag im Gesicht (Abstand Auge-Pfeilnock) kann nur durch Training beeinflußt werden. Auf die seitliche Lage kann Einfluss genommen werden.
Runder Visiertunnel | Quadratischer Visiertunnel |
Dreht man im Endauszug den Kopf um die Senkrechte und beobachtet das Visierbild, so wird man bemerken, dass sich die Lage der Sehne im Verhältnis zum Visierkorn in weiten Grenzen verschieben läßt. Zu jeder Lage der Sehne gehört selbstverständlich eine andere Lage des Treffers auf dem Ziel. Um die Lage der Sehne zu kontrollieren dürften zwei gerade Kanten (eine unscharf, die andere scharf) deutlich besser zu überprüfen sein als das Tangieren eines scharfen Kreisumfanges an einer unscharfen Kante. Wo die Sehne liegt, ob links oder rechts vom Visiertunnel und ob ein schmaler Lichtspalt zwischen Visiertunnel und Sehne liegt, ist im Übrigen unwichtig und hängt vom Geschmack des Schützen ab. Das Visierbild selber muß konstant sein, das ist selbstverständlich.
Hier ist die Auswirkung der Änderung des Visierbildes dargestellt.
Bild 4
Da die Lage der Visierlinie nicht fest mit der Waffe verbunden ist, wird es im Laufe der Zeit, verursacht durch leichte Stiländerungen, immer wieder notwendig sein, das Visier zu justieren. Die Frage ist immer, um wieviel die Veränderung erfolgen muß. Da letztendlich die Veränderung der Flugbahn nur sehr klein ist, reicht es völlig aus, nach linearen Regeln (Strahlensatz) vorzugehen. Bei folgender Regel wird der Abstand Auge-Visierkorn zu einem Meter angenommen.
Bild 5
Im Bild 5 ist die Höhen- und Seitenablage des Treffbildes dargestellt. Der mittlere Treffpunkt wird wie folgt ermittelt:
Man geht mit einer gedachten, waagerechten Linie von unten (oder von oben) und zählt die Treffer,auf die die Linie trifft. Nach der Hälfte der Treffer hat
man die Höhe des mittleren Treffpunktes ermittelt. Genauso geht man mit einer senkrechten Linie von links oder rechts vor und bekommt die Seite des
mittleren Treffpunktes. Es ist nicht der exakte mittlere Treffpunkt, sondern der "Zentralwert". Für die Visierverstellung ist er aber ausreichend
genau.
Die Regel heißt:
ZentiDekaMillimeter-Regel
Die Ablage auf der Auflage wird in "Zentimeter",Beispiel:
Auf 18m Schußentfernung beträgt die Seitenablage 5cm.
Deshalb muß das Visier seitlich um 5cm / 2*dam =2,5mm verstellt werden.
*) die 18m werden großzügig auf 20m=2dam aufgerundet.
Das funktioniert selbstverständlich auch andersrum:
Wenn der in Bild 4 dargestellte Visierfehler 2mm beträgt, liegt der Treffer um 4cm seitlich versetzt.
Wenn man es etwas genauer haben will (aber das ist wirklich Haarspalterei (manche Leute lieben es aber, Haare zu spalten ...Lach...) dann kann man seinen Abstand Auge-Visierkorn ausmessen, und das Ergebnis der Visierverstellung mit dieser Länge (in Meter!) multiplizieren. Auch das leitet sich aus dem Strahlensatz ab.
In Forum Bogensportwissen wurde ich auf einen Fehler in der Beurteilung eines Videos aufmerksam gemacht. Die Diskussion drehte sich um das alte Thema, wohin soll der Schütze beim Fokussieren Visier und Ziel in Übereinstimmung bringen, seine absolute Aufmerksamkeit richten, Das Visierkorn oder das Ziel. Meine Einstellung ist ganz klar, natürlich auf das Visierkorn, das ist bei Gewehr-und Pistolenschützen schon sehr lange Standard. Die Diskussion brachte mich auf die Idee, das mit einer Kamera mal nachzuvollziehen, was für Auswirkungen zu erwarten sind.
Das Auge hat eine Brennweite von 17mm und eine höchste Blendenöffnung von rund 1/5,6 Ich habe es mit einer DSLR Pentax k5
und einem Objektiv Sigma 1,8, 18-35mm mal versucht nachzuvollziehen, welche Auswirkungen es hätte, wenn man es konsequent durchführt.
Ich habe aus der Hand fotografiert, Blende 5,6 Entfernung zum Visierkorn 1,1m und zum Ziel 10m. Empfindlichkeit ISO 1600
Als Zielscheibe diente eine Luftpistolenauflage.
Vier Aufnahmen wurden angefertigt:
1. Visier scharf (Entfernung Kamera-Visierkorn 1,1m
2. Visier mit Entfernungseinstellung 10m
3. Ziel scharf
4. Ziel unscharf mit Entfernungseinstellung 1,1m.
Das Ergebnis war auch für mich wirklich verblüffend. Ich hatte eigentlich angenommen, dass bei dieser kleinen Brennweite die
Effekte nicht so stark sein können
auch weil viele Schützen angeben, dass sie halt auf das Ziel fokussieren...
Hier das Ergebnis, wenn auf das Ziel fokussiert wird:
Das Visier ist weit unschärfer im Bild als ich erwartet habe.
Und hier sieht man, wenn auf Visier fokussiert wird, das heißt, dass das Visier kompromisslos scharf gesehen wird.
Das Ziel hat noch sehr stark seine eigentliche Schärfe.
Falls es wirklich konsequent angewendet wird, nur das Ziel scharf zu sehen, wird man sich durch das unscharfe Visier ein Menge von Fehlern einhandeln. Das heißt in Wirklichkeit wird dann der Schütze immer gedanklich zwischen Ziel und Visier springen müssen. Ich denke nicht, dass das eine gute Lösung ist.
Die Fotos wurden nicht nachbearbeitet
In dieser kurzen Zusammenfassung wurde versucht, das Visieren mit dem olympischen Recurvebogen so kurz und so deutlich wie möglich zu beschreiben.
Wer hier den Sehnenschatten suchte, wurde natürlich enttäuscht. Ich empfehle, den auf seinem Bogenständer ruhenden Bogen und den Boden
darunter im sommerlichen Sonnenschein genau zu betrachten. Auf dem Boden wird sicherlich der Sehnenschatten zu finden sein.
Dieser Ausdruck wurde im vorigen Jahrhundert von einem technisch unbedarften deutschen Bogen"sportler" geschaffen. Im Englischen gibt es ihn nicht.
Dort heißt das, was in diesem Artikel über die Lage der Sehne im Visierbild gesagt wird, nüchtern und richtig:
"string alignment".
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